Was für ein unglaublich spezielles Jahr 2020. Der Lockdown prägte die ganze Welt und die Nachwehen und anschliessenden Massnahmen haben nicht nur alle Geschäftsbranchen, sondern vor allem damit auch privat alle Menschen betroffen.
Das Wirth’s Huus durfte zwar an seinem zentralen Verkaufsstandort, dem Käsefachgeschäft an der Colmarerstrasse, einen Aufschwung von ca. 25 Umsatzprozent aufweisen – jedoch als Gesamtfirma brachen 4-5 Geschäftszweige nicht nur ein, sondern konnten nicht ansatzweise bedient werden. Marktauftritt: Verboten. Catering/Partyservice: NULL Nachfrage und alles Abgesagt. Events: Fasnacht, Herbstmesse, Basel Tattoo, Bebbi Jazz, Bundesfeier etc. alles abgesagt und somit sämtliche Zulieferdienste und entsprechende Umsätze ersatzlos gestrichen. Von unserem Stand im Fussballstadion «Joggeli» brauche ich auch nicht zu sprechen kommen… Gastrobelieferungen: 3 Monate null Einnahmen. Käseplatten wurden auch keine bestellt, geschweige denn Racletteöfen ausgeliehen oder sonstiges.
Wir versuchten Ruhe zu bewahren und uns nicht von der lokalen bzw. globalen Hysterie anzustecken. Es war uns als Firma das wichtigste Credo, dem Personal bzw. den Anstellungsvereinbarungen aller Mitarbeiter (auch den Angestellten auf Abruf) trotzdem bestmöglich gerecht zu werden.
Das wichtigste Element SOLIDARITÄT haben wir als Geschäft und auch alle unsere Mitarbeiter intern zuoberst eingestuft. Es wurde ein Hauslieferdienstangebot im Nu aus dem Boden gestampft und auch bezüglich Einsatzzeiten wurde seitens des Stammpersonals zu Gunsten der Stundenlöhner solidarisch zurückgestuft, dass einerseits die Entlöhnungen weiterlaufen konnten und andererseits auch ein personalversetztes Arbeitspensum gestaltet wurde, damit wir im Falle einer Covid-Ansteckung das Angebot der Grundversorgung bei uns im Hauptgeschäft waren konnten.
Was in einem Text «einfach» verfasst werden kann, ist in der realen Umsetzung sehr schwierig und forderte Mitdenken und praktisches Umsetzen der Massnahmen auf allen Ebenen.
Durch einen wunderbaren Teamgeist (und auch Glück, wenn man die globale Situation beobachtet) konnten wir bis dato die Situation verhältnismässig gut meistern und nutzten darum als Firma die branchenüblich ruhige Sommerzeit damit, dass Ladenpersonal nicht nur zu schulen sondern mit einem erweiterten Ausflug auch mit einem DANKESCHÖN zu honorieren. Weil der ladenfreie Sonntag in den Ausflug integriert wurde und aufgrund der Situation im Allgemeinen, konnten leider nicht alle Ladenmitarbeiter-/innen am Ausflug teilnehmen, umso schöner die Geste dass 2 verdiente Verkäuferinnen mit positiver Firmeneinstellung den Laden am Montag geführt haben, an welchem sich das restliche Team bei der Fromagerie Moleson weiterbilden liess.
Aber nun fangen wir von vorne an und berichten wie folgt über die schönen 2 Tage im «Coeur du Gruyère»…
Pünktlich trafen wir uns um 9.30 Uhr am Sonntagmorgen, um die Reise nach Charmey – vorerst ins Restaurant «Le Sapin» – anzutreten. Aufgrund dem schlechten Navigationssystem im einten Auto (jemand muss ja «d’Schuld» sein) kamen wir schlussendlich mit 10 Minuten Verspätung auch an. Warmherzig wurden wir von Jean-Luc, unserer Kontaktperson der Fromagerie Moleson, empfangen. Trotz über 20-jährigem Kontakt von Jean-Luc zum Wirth’s Huus war der Austausch grösstenteils geschäftlich und man kannte sich nicht wirklich vertieft – umso schöner, wenn man dann endlich einmal am Tisch sitzt und sich auch privat näherkommt. So zauberten seine Ausführungen über seine diversen Hobbies uns allen einige Male ein lächeln auf die Lippen, als Highlight diesbezüglich sicherlich sein theaterliches Wirken in welchem er gerne auch als «Clochard» auftritt. Auch sonst hatte er gerne einen lockeren Spruch auf den Lippen, betitelte unter anderem mit einem Lächeln auch die im Fehlschritt marschierenden Soldaten am 14.Julliet bei Präsident Macron als «je pense que c’était des baloises».
…und schon hatten wir eine halbe Stunde Verspätung in meinem Zeitplan…
Nur 5 Minuten vom «Le Sapin» entfernt war dann auch die «Telefonkabine», so oder ähnlich heisst nämlich die Luftseilbahn bei den Romands.
Bei wunderbarem Wetter mit noch schönerer Aussicht bestiegen wir die Luftseilbahn und kamen so ein erstes Mal ins Schwärmen. Mit einigen Hügeln und Bergen wirkt das Gruyèregebiet trotzdem weitsichtig und ist sehr wenig bebaut, was beim fantastischen Ausblick von der Bergstation Vounets ersichtlich wurde und erste Begeisterungen weckte.
Wenige Meter von der Bergstation liegt auch die Alpkäserei von Familie Piiller, unser erstes fachbezogenes Ausflugsziel.
Als erstes ist uns die grosse «Schytterbiigi» aufgefallen vor dem idyllischen Käsechalet, welche von traditionellem Holzfeuerhandwerk für die Milcherhitzung zeugt. Alleine schon der äussere Anblick der Alphütte mit der «Schytterbiigi» und dem schönen Dach samt schönem Kamin war sehr schön. Das familiäre Anwesen mit den 4 Kindern war von Anfang an offenherzig uns sympathisch, zumal uns auch die Kindern mit einem glücklichem Lachen empfangen haben. Glücklich hat auch der Vater und Käser, Beat Piller gewirkt, trotzdem aber auch ein wenig müde von der harten Arbeit welche nicht nur am heutigen Tag um 4 Uhr früh beginnt. Er hat uns von seinem Alpkäseleben, den damit verbundenen schönen Aspekten aber auch dem harten Arbeiterleben erzählt. Es gibt keine Feiertage und die Möglichkeit, Mitarbeiter für das Leben auf der Alp zu generieren wird von Jahr zu Jahr kleiner. Im 2020 umso schwerer, konnte doch sein langjähriger Mitarbeiter aus Polen nicht zeitgerecht einreisen. Und über den Wille der Stadtbevölkerung, ihre zur Zeit oft erwähnte «Work-Life Balance» einmal von der anderen Seite anzusehen möchte ich jetzt nicht vertieft darauf eingehen…
Zu uns Stadtmenschen bzw. der Lebensmittelkundschaft gehört auch die ständige Verfügbarkeit der Esswaren. Ein Thema was aber gerade von der jüngeren Gesellschaft allerdings zum Glück wieder anders angesehen wird. Beat Piller erzählt von der Variable der verfügbaren Milch, welche zum Anfang der Alpsaison bis zu 1400 Liter pro Tag ergiebt und gegen Ende lediglich 900 Liter. Den Fokus stellt er auf die Gruyère-Alpage Produktion, was am Anfang an Milch «zu viel» ist verwendet er für Fribourger Vacherin. Durch das die Käsepflege und der allgemeine Produktionsaufwand beim Vacherin grösser ist, legt er nebst der grösseren Nachfrage mehr Wert auf die Gruyère Produktion.
Sehr spannend waren dann seine Ausführungen über Gegebenheiten, welche er nicht steuern kann. So zum Beispiel den Protein/Eiweissgehalt der Milch, welche von Jahr zu Jahr schwankend ist und nicht vorhersehbar. Mit glänzenden Augen schwärmte er vom «Jahrgang 2020» und verwies auf die Kräutervielfalt, welche wir auf unserer bevorstehenden Wanderung antreffen werden. Auch über das wunderbare Produkt «Serac» (Ziger) ging er vertieft ein, über welches ich später noch eingehen werde. Eine letzte Anekdote von Familie Piller möchte ich noch preisgeben, so pflegen sie die trächtigen Kühe jeweils im kleinen Stall zu halten, welcher integriert in das Chalet ist. So können die Mutterkühe im Familienchalet einen Stall im Sinne einer wohligen Stube geniessen und Käser Pillet kann seiner Milch, welche zur Käseverarbeitung bereit steht, noch ein bisschen frische Muttermilch beigeben. Der erhöhte Wert der Erstmilch mit hohem «Kollostrum-Wert» ist auch bei uns Menschen bekannt und gibt allen seinen ca. 15 Tonnen Käse pro Alpsaison noch das «gewisse Etwas».
Nach einer Käseverköstigung (und frischerer als frischer «Créme Gruyère»…) mit perfekter Aussicht machten wir uns «auf die Socken» und wanderten das Tal hinunter. Es war ja schon schön genug, aber dass wir vom Fachmann noch die von den Kühen bevorzugten Kräuter vorgestellt bekamen und anschliessend noch Rotklee, wilder Thymian oder Alpbeeren während der Wanderung probierten war zauberhaft. Kitschig war dann, als Jean-Luc dann plötzlich gegen Ende der Wanderung spontan noch »Le Ranz des Vaches» mit einer sicheren Text- und semiprofessioneller Tonsicherheit angestummen hat.
Als wie näher kamen wir zum «Val de Charmey» und somit wurde auch der Schritt schneller, wurde der Zeitplan schlussendlich doch mehrere Viertelstunden überzogen und somit der Schwumm im Lac de Gruyére als wie knäpper. Als wir dann aber im Auto waren, die Badehosen voraussehend zuoberst im Gepäck und Jean-Luc wohlwollend einmal mehr gesagt hat «seulement +/- 10 Minutes» bis zum nächsten Programmpunkt waren wir zuversichtlich.
Eher plus als minus 10 Minuten waren wir dann aber im Paradies angekommen. Was für eine Aussicht vom Hotel «Le Vignier» in Avry-devant-Pont auf den Lac du Gruyére!!! «S’maximum» würde ein Fasnächtler sagen. Auch die Zimmer waren sehr schön, obwohl wir keine Zeit vertrudeln wollten mit Zimmerbesichtigungen und so schnell wie möglich die Badehosen montierten. Nachdem auch das z’Nacht auf der Hotelterrasse um eine Stunde verschoben werden konnte, konnten wir den Gumbb in vermeintlich kühle Nass ohne Zeitdruck geniessen. Die perfekte Temperatur vom Lac de Gruyére konnten wir in vollen Zügen geniessen.
Frisch gebadet nahmen wir im Anschluss ein wunderbares Essen ein auf der Hotelterrasse und selbstverständlich haben wir zur Vorspeise noch ein Fondue bestellt um unser Angebot zu vergleichen. Fazit: Während wir mit dem Panorama nicht mithalten können, denke ich müssen wir uns bezüglich Qualität unserer Käseauswahl und der Präsentation nicht verstecken 😊
Sodeli, nun aber ab ins Bett – denn Morgen Montag steht nach dem z’Morge noch eine ausgedehnte Führung/Schulung durch die Fromagerie Moleson in Orsonnens.
Als erstes wurden uns im Eingangsbereich die Telefonistinnen vorgestellt, mit welchen wir wöchentlich Kontakt haben. Endlich können wir uns ein Bild über jene 3 Damen machen, mit welchen wir einen kompetenten und freundlichen Austausch pflegen. Und so wie sie am Telefon wirken, sind sie auch in Wirklichkeit. Mit Ausnahme von Christelle, welche in den Ferien weilte – aber ich gehe davon aus sie passt ins Bild! 😉
Auch Herr Michel Grossrieder, welcher dem seit 90 Jahren familiengeführte Unternehmen vorsitzt, und der neue Geschäftsführer Herr Mercando haben uns begrüsst und sich der langjährigen Zusammenarbeit bedankt.
Nun gings los und wir haben uns den vielen französischen Fachbegriffen zu helfen gewusst. Abwechselnd haben wir die vorgetragenen Arbeitsabläufe übersetzt, so dass alle unsere Mitarbeiter den Ausführungen folgen konnten. Sehr geschätzt habe ich, dass uns Jean-Luc jeweils die verschiedenen Abteilungsleiter kurz vorgestellt hatte und diese wiederum ihre Arbeit erklärt haben. Immer wieder waren wohlwollende Gesten spürbar, als wir uns als Wirths Huus zu erkennen gaben und alle Arbeiter kleine Details preis gaben bezüglich unseren Bestellungen. Der eine Arbeiter hatte sogar mit einem Lächeln die Hygienemütze «gelüpft» als Dankeschön der langjährigen Zusammenarbeit und erzählt, dass es seit Jahren immer er sei, welcher die schweren Käselaibe für uns konfektioniert.
Alle Eindrücke wiederzugeben würde einem endlosen Text zu folge sein, trotzdem sind Informationen imposant und möchte ich gerne weitergeben. So ist Eindrücklich, wie die autonome Käserei Moleson von bis zu 60 (!) Bauerbetrieben aus nur 10 Km Luftliniennumfeld (!) täglich 2x mit Milch beliefert wird. 7 Millionen Liter pro Jahr sind dies Total. Da kann man einmal Nachhaltigkeit und Terroirbewirtschaftung unterstreichen! Dazu kommen noch 250’000 Liter Ziegen und Schafsmilch, welche verarbeitet werden.
Auch in den Betriebsabläufen ist die Fromagerie Moleson vorbildlich bezüglich Nachhaltigkeit, oder Neudeutsch «Foodwaste». So wird die in der Käseproduktion ausgeschiedene Molke zu Ziger (Serac) nicht nur weiterverarbeitet, sondern mit einem neu entwickelten Verfahren auch haltbarer gemacht. Ziger (auch bekannt als Ricotta) wird das Produkt genannt, welches aus der Molke erneut zu Käse verarbeitet wird. Früher war Ziger als «armeleuteessen» bekannt, als wie mehr wird es aber von der jungen Generation neu entdeckt und vielseitig verwendbar genutzt als kalorienarmes, reichhaltiges Naturprodukt ohne Zusatzstoffe. In der Romandie ist Ziger bereits weit verbreitet und die Nachfrage sehr gross, bei uns steckt die Wahrnehmung dieses reinen Naturproduktes aber noch in der Startphase.
Zurück zu der Nachhaltigkeit der Fromagerie Moleson ist mir positiv aufgefallen, dass die selbst bei der Zigerproduktion ausgeschiedene Flüssigkeit nicht nur den Schweinen verfüttert wird, sondern mit Zusatz der nötigen Säure wiederum für die Reinigung der Produktionsrohre genutzt wird. Als selbst Wasser wird bis zur letzten Verwendung genutzt und nicht achtungslos weggeschüttet. Chapeau.
So langsam aber sicher neigte sich unser Ausflug dem Ende zu, überwältigt von Eindrücken wie frischer Gruyérecreme, Alpenkräutern, viel Käse, sympathischen Romands, gutem Essen, viel Teamgeist, viel Fachwissen und auch positiven Unternehmeransichten.
Genau diese Werte pflegen auch wir in Basel und versuchen sie mit ausgewählten Produkten unserer Anspruchsvollen Kundschaft weiterzugeben.
Ausgeklungen haben wir den Tag mit Jean-Luc und Herrn Mercando bei einem gemütlichen z’Mittag in einem alten Brauhaus, welches zu einer schönen Gartenwirtschaft erweitert wurde.
MERCI BEAUCOUP!